“a Muslim woman … is truly a well-guarded treasure” schwärmt z.B. Islamapologetin und US-Konvertitin Iman Daglas und behauptet: “Islam is the first religion to give women their rights“ (http://store.dar-us-salam.com/NW/190.html). So oder so ähnlich lautet auch die daʽwa muslimischer Missionare wie z.B. Pierre Vogel alias Abû Ḥamza. Seiner Darstellung nach würden im Islam die Frauen „geehrt und beschützt“ (http://www.zeit.de/2007/41/Islam-Prediger). Auch sonst bekommt man zur Zeit in den Medien wieder den Eindruck vermittelt, die Stellung der (Ehe-)Frau im Islam sei nicht nur gar nicht so arg, sondern vielleicht sogar besser als im „ungläubigen Westen“. Doch wie steht es tatsächlich damit?

Die einschlägig wohl bekannten Koraninhalte wie bzgl. der Hei­rats- verbote (2, 221 oder 60, 10), zur grundsätzlich höheren Stellung des Mannes (Sure 2, 228), die sich schon beim doppelt so umfangreichen Neu­­geborenenopfer (‘aqîqa) zeigt, oder über „Frauen­erziehung“ (Sure 4, 34), die dramatische Be­nachteiligung weiblicher Wesen beim Erbe (Sure 4, 11), als Zeugin (z.B. Sure 2, 282), bei der Ehe­auflösung (Sure 2, 229) wie hinsichtlich des deutlich ge­minderten Blut­gel­des (dîya) als Entschä­digung für erlittene Kör­­perverletzung oder im Falle einer Tö­tung (s. Sa­chau, Straf­recht, §16a) etc. pp. braucht man denen, die sich mit dem Islam bereits näher beschäftigt haben, schon kaum mehr ins Gedächtnis zu rufen.

Aufschlußreicher ist hingegen das 12. Buch „Über sittliches Verhalten in der Ehe/kitâb adabî an-nikâḥ“ von al-Ġazâlî (1058-1111 n.u.Z.) – von der Stel­lung und dem Einfluß her etwa einem Kirchen­vater im Christentum vergleichbar – aus dessen vierzig­bändigen Gesamt-Werk „iḥyâ` ‘ulûm ad-dîn/Die Wiederbelebung der Religionswissenschaften“, in der Übersetzung von Hans Bauer aus dem Jahre 1917 auch bekannt als „Isla­mische Ethik“. Mit den – nach scholastischer Manier – aus­führlich belegten Er­läu­terungen dieses Schwer­gewichts islamischer Gelehr- samkeit ist man dann auch als Laie sicher, be­stimmt nicht irgend­etwas „aus dem Zusammenhang gerissen“, „falsch ver­stan­den oder interpre­tiert“ zu haben.

In Anbetracht der Lebenszeit von al-Ġazâlî könnte dem ein oder anderen allerdings die Frage in den sinn kommen, ob denn ein Zeitgenosse des ersten Kreuzzuges nicht längst veraltete oder nur zeitbe­dingte Ansichten zum Besten gebe. Doch lag die sog. Schließung des bâb al-iǧtihâd, d.h. das Ende der Bemühungen zur Ableitung der gesamten Regeln des Islamischen Rechts (abgek. I.R.), der šarî‘a, aus den anerkannten vier Rechts­quellen, dem Koran, den Hadî­ṯen, dem Gelehrten-Konsens und dem Ana­logie­schluß, schon im 9.Jh. unserer Zeit­rechnung, lange vor der Zeit der Kreuzzüge. Dieses „Tor“ wur­­de seither nicht (!) wiederer­öffnet. Spätere Generationen gelten dazu näm­lich nicht mehr für befugt. Alle Neuerung demgegenüber gilt als bid‘a/Ketzerei mit den entspre­chen­den Folgen. So besteht auch die Tätigkeit eines heutigen Muftî bzw. is­la­mischen Theologen nur noch darin, die bereits existie­ren­den Regelungen anzuwenden auf die (Rechts)fragen, die Gläubige an ihn herantragen, d.i. taqlîd zu üben.

Zudem steht al-Ġazâlî nach wie vor hoch im Kurs und gilt als Klassiker. Seine Erläuterungen zum I.R. sind wegweisend. Daher urteilt nicht nur der Übersetzer, einer der „Altväter“ deutscher Islamkunde, Prof. Hans Bauer, bzgl. dessen „Ethik“, sie habe „zur For­mung der isla­mischen Gesittung … ebensoviel beige­tragen wie der vielfach unverständliche und un­genießbare Ko­ran“(Bauer, Vorwort zu Buch 37, 1916, S.VII); auch schreibt er, das Werk of­fenbare „wie kein zweites die Seele des Islams“ (loc. cit., Fn.1), es sei „800 Jahre lang im Islam eine geistige Macht gewesen“, die „es auch heute noch ist“ (Bauer, S.VII). Schließlich sollte möglichst Mu­ḥam­mads Vorbild und dem der ehr­wür­digen Altvor­deren, salaf ṣâliḥ (daher der Aus­druck: „Sala­fis“ oder heute häufiger: „Salafi­sten“), auf die al-Ġazâlî immer wieder verweist, nach­geeifert wer­den.

Aber zur Sache:

Generell braucht ein weibliches Wesen wegen ihrer a priori mangelnden geistig-moralischen Fähigkeiten ihr Leben lang einen für sie verantwortlichen, sie überwachenden, anleitenden und über sie be­stim­menden Vormund, einen walî.

Vgl. das bekannte Ḥadîṯ: „Ich habe einmal die Hölle gesehen und die meisten Ihrer Bewohner waren Frauen.“ oder: „Eine gute Frau ist unter den Frauen so selten wie ein weißbäuchiger Rabe unter zwei­hundert anderen.“ (al-Ġazâlî er­wähnt des öfteren den – angeblich von Natur aus – schwa­­chen weiblichen Verstand und üblen Charakter als allge­mein bekannte und ak­zep­tierte Tat­sache innerhalb der mus­­­li­mi­schen Ge- meinde, der umma).

Bei Minderjährigen fungiert als walî in der Regel der Vater (falls verstor- ben: der Großvater väterli­cher­seits …), nach der Ehe für Frauen der Ehe­mann gemäß Sure 66, 6: „Bewahret Euch und Eure Familie vor dem [Höllen-]feuer!“(al-Ġazâlî erklärt dazu, daß sich der walî sonst der jeweiligen, durch die Frau begangenen Sünde mitschuldig mache).

Dieser walî (auch mit dem Zusatz muǧbir versehen, da er die „Schutz- befohlene“ hierzu auch zwingen kann/darf/soll), verheiratet die Frau auch. Dabei gleichen die Bestimmungen denen eines übli­chen und in diesem Fall grundsätzlich zwischen Männern abgeschlossenen Kaufvertrages (inkl. Rück­gabe­mög­lichkeit bei auftretenden Mängeln!), weshalb für Ehefrauen auch nur der in ganz wenigen be­stimm­ten Fällen einge­räumte „Loskauf“ (ḫul‘) eine Ehe beenden kann. Die Übergabe des Braut­gel­des, des mahr, stellt dabei die Gebühr für die „Benutzung“ der Frau, besonders in sexueller Hinsicht, dar. Gemäß einem der letzten Aussprüche Muḥammads erwirbt der Ehemann mit der Heirat die Verfü­gungsgewalt auch über die Sexualorgane der Frau:

„Was die Frauen betrifft, …. die ihr durch die Gnade Allâhs erhalten habt, deren Schoß Euch durch Allâhs Wort zur Stelle [so viel wie: zum Gebrauch] ist.“ [Variante bei Tilman Nagel, 2008, S.333: „Die Frauen sind bei euch wie Kriegsgefangene, die über nichts aus eigener Macht verfü­gen. Ihr aber habt sie von Allah zu treuen Händen erhalten, dank seinem Wort verfügt ihr über ihre Scheide.“]

Auch Sure 2, 223: „Eure Frauen sind für Euch ein Saatfeld, geht zu Eurem Saatfeld wann Ihr wollt“ un­terstreicht die Pflicht der Gattin, ihrem Mann stets sexuell zur Verfügung zu stehen. [anna müsse hier mit „wann“ nicht mit „wie“ übersetzt werden, machen sowohl al-Ġazâlî als auch H. Bauer deutlich, wenn auch eine Mindermeinung muslimischer Gelehrter, der zudem mehrere Ḥadîṯe widersprechen, damit eine gewisse sonst als verboten angesehene sexuelle Praktik, nämlich den Verkehr von hinten, erlaubt wissen will]. Zudem müsse die Gattin gemäß al-Ġazâlî bei sich auf peinliche Sauberkeit achten und darauf, „in jeder Hinsicht so be- schaffen zu sein, daß ihr Mann sie jederzeit genießen kann, wenn er will.“

Nach Beiseitelassen der – meist ohne­hin bekannten – islamischen Ehehindernisse (wie z.B. durch Bluts- oder Milchver­wandt­schaft etc.) erwecken besonders die Anforderungen an eine (Ehe-)frau das Inter- esse:

Diese hängen wiederum von den Gründen für eine Heirat (auf männ- licher Seite) ab. Außer dem als ideal angesehenen Vorbild Muḥam­mads zu folgen, d.i. „Erfüllung der sunna“ – wird angegeben: die Besorgung des Haushalts durch die Frau, Erholung von religiösen Pflichten, denen man nicht ständig nachkommen könne, „Dämpfung der Sinnlichkeit“, also sexuelle Triebabfuhr auf legale Weise (was auch für die Frau gilt), und – sehr wich­tig: Nachkommenschaft zu produzieren. Zudem bringe dem Mann das „Ertragen“ der Gegenwart (s)ei­ner Frau mit ihrer angeborenen Schlechtigkeit, Widerwärtigkeit und dem Erfordernis „auf ihr geistiges Niveau herabzu­stei­gen“ zu müssen, eine Läuterung und damit Lohn im Paradies.

Vgl.: „Wer den schlechten Charakter seiner Frau geduldig erträgt, den belohnt Allâh auf dieselbe Weise, wie er Hiob für seine Prüfungen belohnt hat“.

Demnach ist die Schönheit (des Gesichts) der Frau durchaus ein wich- tiger Faktor, wenn er auch nicht der einzige sein darf. Das Schönheitsideal ist – neben Dichtungen – schon dem Koran bei der Beschreibung der Paradies-Ḥûrîs zu entnehmen, d.i. große Augen, bei denen sich das Schwarz der Pupille gut von der weißen Umrandung und einem hel­len Teint abhebt und mit den langen schwarzen Haaren korrespondiert. Da die Ḥûrîs einerseits „züch­tig blicken“ (z.B. Sure 55, 56), andererseits deutlich ihre Libido zeigen (der Begriff ‘urb ist hier rele­vant, s. z.B. Sure 56, 36), legen sie ein Verhalten zu Tage wie laszive Pin up-Girls beim Photo­termin. So soll sich auch die muslimische Ehefrau ihrem Ehemann zuhause (!) präsentieren.

Zudem sollte sie umgänglich sein, darunter zählt al-Ġazâlî auf: sie soll keine schlechten Reden füh­ren (wobei die Interpretation offen bleibt), denn: „Mit der Ertragung der weiblichen Zunge werden die Heiligen geprüft“.

Sie soll gegenüber ihrem Mann und seiner Familie nicht undank­bar sein oder sich unzufrieden mit den gegenwärtigen, z.B. wirt­­schaft­li­chen Verhält­nissen zeigen und nach mehr streben. Sie soll nicht kränkeln (!) oder sich mit Vorgabe etwa von Kopf­schmerzen den ehelichen Pflichten entziehen, und zu sehr mit Schönheitspflege beschäftigt sein. Angesichts der häufigen [!] Scheidungen innerhalb der umma soll sie nicht einer besseren Behandlung durch einen früheren Gatten oder einem Kind nachjammern (das nach einer Schei­dung beim Vater geblieben ist). Andererseits soll sie keinesfalls auf das von ihr an Arbeit etc. Geleistete hinweisen. Außerdem seien drei Untugenden des Man­nes „Geiz, Stolz, Furcht“ bei der Ehefrau sogar wünschenswert, da sie dann erstens das Vermögen ihres Mannes in dessen Abwesenheit zusammenhalte (nicht einmal eine kleine Spende an Arme darf sie ohne seine ausdrückliche Erlaubnis geben, außer von ihrem eigenen Geld, da im I.R. keine ehe­liche Gütergemeinschaft existiert), sich zweitens für ande­re Männer zu schade sei und drittens, sich nicht allein nach draußen wage.

Am wichtigsten sei jedoch eine besonders religiös erzogene Frau, schon allein, weil sie die an sie gestellten Anforderungen kennt und von ihren Eltern konditioniert ist, diesen zu entsprechen, wobei wie­derum die Furcht, nämlich vor den im Koran wiederholt und phantasievoll beschriebenen Höllenstra­fen (s.o.) eine große Rolle spielt. Auch hier steht wiederum die Stellung des Mannes in der Öffent­lich­keit im Vordergrund, da die Ehefrau im gegenteiligen Fall ihrem Mann Schande und ihn vor den Leu­ten in schlechten Ruf brächte und seine Ehre beschädigte (→ „Ehrenmorde“).

Zudem soll sie bescheiden und nur gegen ein geringes mahr erhältlich sein (das aber ihr walî gemäß ihren Vorzügen verhandelt), also sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt wenig kosten. Als besonders preiswert wird hier die „arme Waise“ anempfohlen.

Für reiche, gesunde Nachkommenschaft soll sie ihre Fruchtbarkeit – z.B. in einer früheren Ehe – entweder schon unter Beweis gestellt haben oder durch Jugend und gesundes Aussehen diese verheißen. Allerdings wird gerade eine Jungfrau aus den verschiedensten Gründen empfohlen, da sie keine Ver­gleiche mit anderen Männern anstellen könne und somit mit dem zugewiesenen Mann eher zufrieden sei. Außerdem wird es der natürlichen Veranlagung zugeschrieben, daß der Mann „einen gewissen Wi­derwillen gegen eine solche habe, die schon ein anderer gehabt habe“ und die Frau sowieso nur eine Bindung zu ihrem „ersten“ Sexualpartner aufbaue. Außerdem gilt laut Ḥadîṯ:

„Es gereicht der Frau zum Segen, wenn sie früh verheiratet wird und früh Kinder bekommt …“. Ein Mindestalter für die Eheschließung existiert nach klassischem I.R. nicht, allein das eheliche Zusammenleben kann aufgeschoben werden (Juynboll, 1910, S.222).

Zudem solle die Zukünftige aus angesehener Familie stammen, al-Ġazâlî nennt es, eine „nasîba haben“, aber nicht zu nah mit dem Bräutigam verwandt sein, da das eine „magere, schwächliche“ Nach­kommenschaft bedinge. Hier nötigt jedoch der angegebene Grund zum Schmunzeln: Gegenüber allzu Gewohntem stumpfe man ab, das sinnliche Begehren leide, wogegen ein fremdartiges Objekt (sic!) die Erregung fördere.

Nur in einem kurzen Abschnitt wird erwähnt, daß der walî darauf achten solle, seinem Mündel auch einen ansehbaren, gottesfürchtigen Mann mit den muslimisch geschätzten charakterlichen Eigenschaften auszusuchen – keinesfalls einen Sünder oder Ketzer, damit der Frau nicht zu schnell eine – in der umma recht verbreitete – Schei­dung drohe (vgl.u.).

Unter den wichtigen Pflichten des Mannes (wie Ausrichtung eines Hochzeitsmahls, Unterhaltsverpflichtung während der Ehe bzw. der sich an eine Verstoßung anschließenden Wartezeit etc.) ist die weitere Erziehung seiner Frau aufgeführt. Er hat ihr ihre Obliegenheiten ihm und anderen gegenüber auseinanderzusetzen und deren Befolgung zu über­wachen. Auch Information und Instruktionen bzgl. Gebet und Menstruation (!) sind seine Sache, denn das „Rein­­heitsgebot“ für das Gebet (ṣalât) oder Koranrezitationen, das Nachholgebot für das Fasten (ṣaum) und Verbot des Coitus – und nur dessen! – hängen mit der Periode zusammen). Al-Ġazâlî mahnt hierzu: „Er hat ja den Auftrag, sie vor der Hölle zu bewahren“ gemäß o.e. Sure 66,6. Der latente Sinn da­hinter ist, daß die Unterwei­sung durch den Ehe­mann, der Frau „erspare“, zu diesem Zweck außer Haus gehen zu „müs­sen“ und so ihre „Blöße“ zu be­wahren. Denn allein schon ihr Gesicht sei – einem bekannten Ḥadîṯ zufolge – für den Mann bereits Blöße, d.i. wie der Anblick des Schambereiches zum Coitus reizend (s. http://jacquesauvergne.wordpress.com/2008/03/22/060/ ab Abschnitt bei Fn. 24). Umge­kehrt sei dem nicht so, doziert al-Ġazâlî, sonst müßten sich auch die Männer verschleiern (ein typi­scher Umkehrfehlschluß). Damit sind realiter natürlich der Willkür des muslimischen Ehemanns Tür und Tor geöff­net und die Ehefrau ist davon abhängig gemacht. Sollte der Gatte aber selbst nicht genug „aufge­klärt“ sein, besorge daher selbstredend er die nötige Information außer Haus. Damit ist dann der Zweck erfüllt: „Wenn sie über sämtliche ihr obliegenden Pflichten unterrichtet ist, so darf sie nur mit Erlaub­nis des Mannes ausgehen.“ Auch hier­für muß der Grund absolut notwendig sein, z.B. eine besondere religiöse Veranstaltung. Denn selbst für die Ver­richtung des täglichen fünfmaligen Gebets durch die Frau gilt laut Ḥadîṯ:

„Die Frau steht dann Allâh am nächsten, wenn sie im Innern ihres Hauses weilt, ihr Gebet im Hof ihres Hauses ist mehr wert als das in der Moschee, und ihr Gebet im Innern des Hauses ist mehr wert als das im Hof desselben und und ihr Gebet in der verborgenen Kammer (mukhda‘) ist noch mehr wert als letzteres.“ (Anmerkung: das typische (Stadt-)Haus war ein – außen kaum oder gar nicht mit Fensteröff­nun­gen ver­­sehener Kubus – mit innen liegendem, meist ringsum zugänglichem Hof und ebenso zugänglichem Flachdach­be­reich).

Ganz offensichtlich ist hier von psychologischer Seite Besitzdenken, Machtanspruch und vorauseilende, ungezügelte Eifersucht im Spiel. Letzterer ist dann auch ein eigenes Kapitel gewidmet. Sie ist nämlich – für Männer – weder verboten noch verpönt. Schließlich erklärte Muḥammad persönlich:

„Wundert Euch nicht über die Eifersucht …, denn ich bin noch eifersüchtiger …, und Allâh ist noch eifersüchtiger als ich.“ oder: „Ich bin eifer­süchtig, und es gibt keinen Mann, der eifersüchtig wäre, außer er ist abnorm“.

Wieder wird also der „Natur“ die Verantwortung zugeschoben, nicht dem Individuum. Die männliche Eifersucht sei zwar, wenn völlig grundlos, Allâh zuwider, doch was heißt hier grundlos? Schließlich wird als Mittel dagegen die Unterbindung jeglichen Kontakts der Ehefrau zu anderen Männern empfohlen! Selbst häufigeres Aufs-Dach-Steigen (wo die Wäsche trock­net) oder Reden mit den Nachbarn ohne absolute Notwendigkeit sei schon zu viel des Guten und guter Grund für eifersüchtige Gefühle des Ehemanns. Laut Überlieferung von Muḥammads Tochter Fâṭima gilt nämlich auf die Frage, was das Beste für eine Frau sei:

„Daß sie keinen Mann sieht und von keinem gesehen wird.“ Schließlich heißt es schon in Sure 33,33: „Haltet euch in euren Häusern auf…“. Empfohlene Notmaßnahme von Muḥammads Genossen und Schwiegervater ‘Umar (dem späteren zweiten Kali­fen) war daher:

„Zieht den Frauen die Kleider aus, dann bleiben sie zwischen ihren vier Wänden!“

Wie kraß steht dieser Gepflogenheit die im „Westen“ überwiegende Gesinnung mit ihrer Tugenddefinition gegenüber, wie sie z.B. in folgen­den Sentenzen zum Ausdruck kommt: „Eine ungeprüfte und ununtersuchte Tugend ist keine Tugend.“ oder: „Wenn man bei der Tugend die freiwillige Betätigung aufhebt, so hebt man auch ihr Wesen auf.“ (Origines); s.a.: „Tugend besteht nicht aus der Abwesenheit der Leiden- schaften, sondern in deren Kontrolle.“(Josh Billings).

Der dargelegten islamischen „Logik“ gemäß versteht es sich jedoch – daß beim Ausgehen einer Ehefrau – wiederum absolute Notwendigkeit vorausgesetzt wie z.B. zum Krankenbesuch bei nahen Ver­wandten – schon sämtliche Alarm­glocken läuten und es Gebote hagelt wie: Verhüllen in abgetragene Kleidung, Benutzung wenig begangener Wege, Meidung bevölkerter Straßen und Märkte (denn der Mann kauft ein!), darauf ach­ten, daß kein Fremder ihre Stimme höre oder daß sie je- mand an ihrem Äußeren erkenne, weshalb sie sich einem Bekannten gegenüber gänzlich unkenntlich zu machen habe. Während der Abwesenheit ihres Mannes von zuhause darf sie nicht nur keinem erwachsenen männ­lichen Wesen die Türe öffnen, sondern ihm nicht einmal auf sein Rufen nach Einlaß antworten „in peinlichster Rücksichtnahme auf sich selbst und ihren Gatten“ bemerkt al-Ġazâlî und untermauert dies mit der tradierten Geschichte, nach welcher ein auf Reisen befindlicher Mann der Ehefrau untersagt hatte, während seiner Abwesen­heit auch nur das obere Stockwerk zu verlassen. So konnte sie ihren inzwischen todkranken Vater nicht pflegen, welcher daraufhin verstarb. Doch Muḥammad ver­kündete, Allâh habe als Lohn für den Gehorsam seiner Tochter, also der erwähnten verheirateten Frau, dem Vater alle Sünden verziehen.

Überhaupt sei der Gehorsam der Ehefrau gegenüber dem Ehemann gemäß Muḥammad mit den allgemein verbindlichen fünf Säulen des Islam gleichgestellt, da er klarstellte:

„Wenn eine Frau die fünf täglichen Gebete verrichtet, den Fastenmonat hält, ihren Leib rein bewahrt und ihrem Gatten gehorsam ist, so wird sie in das Paradies ihres Herrn eingehen.“

Mehrfach wiederholte weibliche Hauptaufgabe ist daher Hausarbeit und Kinderaufzucht (doch selbst diese darf sie „so wenig wie möglich schelten“, das ist Domäne des Mannes).

Daraus, daß ein nicht-muslimischer Mann diesen Anforderungen, seine Frau nach islamischen Prinzipien zu erziehen, nicht genügen kann, erklärt sich auch das entsprechende Heiratsverbot für musli­mi­sche Frauen, welches umgekehrt ja vom Mann aus gegenüber Christinnen, Jüdinnen und Parsinnen nicht besteht.

Ist die Gattin ihrem Gebieter dann in jeder Hinsicht gefällig, sollte sie schon einmal pro Woche ein „Zuckerl“ (falûḏaq, eine bestimmte Süßigkeit) erhalten, man schlägt sie dann nicht gleich wegen jeder Kleinigkeit sondern lacht – wie der Prophet in einer guten Stunde – eher über sie, scherzt auch mal mit ihr oder läßt sie – kurz – unter Aufsicht an der Haustüre das Treiben auf der Straße beobachten. In die­sen ganzen Zu­sammenhang gehört dann die Aussage Muḥammads:

„Die besten von Euch sind diejenigen, die ihre Frauen am besten be- handeln, und ich behandle meine Frauen am besten von euch allen.“

Dies alles darf jedoch nicht soweit gehen, „daß er [d.i. der Ehemann] ihren Charakter verdirbt.“, erklärt al-Ġazâlî. Er „darf den Ernst und die Strenge nicht außer Acht lassen“, müsse vielmehr Zucht und Strenge gegen ihre Bosheit üben, denn es gelte laut Tra­dition:

„Wer seiner Frau in dem, was sie begehrt, zu Willen ist, den stürzt Allâh in die Hölle.“ oder: „Fragt die Frauen um Rat, aber befolgt ich nicht“ (Lebensregel, bei Malik ibn Anas allerdings in ein Ḥadîṯ gekleidet) oder: „Gewöhnt die Frauen an das ,Nein‘!“.

Dem Manne komme es schließlich zu, zu führen und nicht, geführt zu werden, weshalb in Sure 4,38 die Männer als über den Frauen stehend bezeichnet würden und in Sure 12, 25 der Ehemann als „Herr“ (sayyid, also im Gegensatz zum Sklaven) angesprochen werde. Wäre der Ehemann nämlich grund­sätzlich nachsichtig gegen die Frau, gebe er seine Religion und seine Ehre preis.

Noch deutlicher wird Muḥammad, wenn er die Art der Ehe für die Frau beschreibt:

„Ehe ist Knechtschaft“ oder: „die Heirat ist eine Art Sklaverei für die Frau, denn „Allâh hat die Frau in die Hand des Mannes gegeben.“ (Hierbei ist der Ausdruck „in die Hand gegeben“ wichtig, da ja auch die Phrase „was eure rechte Hand besitzt“ aus Sure 24, 33 die Sklavinnen als Konkubinen meint).

Al-Ġazâlî erklärt: „Deshalb hat sie ihm unbedingt und unter allen Umständen zu gehorchen, indem, was er von ihr und in Bezug auf sie selber verlangt, außer es wäre etwas Sündhaftes.“ Präzisiert wird durch die beiden Hadîṯe:

„Wenn der Mann von oben bis unten mit Geschwüren bedeckt wäre und die Frau ihn ableckte, so hätte sie noch keineswegs ihre Dankespflicht [ergänze: ihm gegenüber] erfüllt.“ und: „Wenn ich jemandem befehlen würde, sich vor einem anderen niederzuwerfen, so würde ich der Frau befehlen, sich vor dem Mann niederzuwerfen … .“.

Selbst in Streitfällen, in denen die Frau recht habe, dürfe sie demnach nicht die Oberhand bekommen, vielmehr müßten zwei Schlichter beigezogen werden, die sich um Versöhnung bemühten.

Das Ver­fahren bei Widersetzlichkeit der Frau (s. Sure 4, 34) darf als bekannt vorausgesetzt werden. Daß hier ḍaraba tatsächlich mit „schlagen“ zu über­setzen ist und nicht anders, geht nicht nur aus der Bestä­tigung auch durch al-Ġazâlî hervor, sondern schon aus der Tatsache, daß ‘Umar hierfür ein ganz bestimmtes – aber nicht mehr be­stimm­bares – Schlaginstrument, dirra, ständig bei sich führte. Das Geschlagen­werden solle zwar weh tun, aber nicht zu offenen blutenden Wunden oder Knochenbrüchen führen. Auch solle man das Gesicht aussparen, die Fußsohlen (vgl. die nahöstliche Bastonade) seien dagegen gut dafür geeig­net. Auch religiöse Pflichten, wie das Gebet oder die Einhaltung von Geboten wie das der Verhüllung können und sollen sogar mit Gewalt durch den Ehemann erzwungen werden.

Außerdem müsse der Mann grundsätzlich dem „von den Frauen drohenden Unheil zu entgehen suchen“, „denn ihre List ist groß“ (Sure 12, 28) und selbst über die besten darunter urteilte Muḥammad: „Ihr seid Verführerinnen Josephs“ (gemeint ist: sie seien so gefährlich verführend wie Potiphars Weib aus der Bibel).

Eine andere Drohung hängt allerdings ebenso mehr oder weniger stän- dig über einer Ehefrau wie ein Damoklesschwert, der talâq, eine einfache Erklärung seitens des Mannes, sich von der Frau scheiden zu wollen. Sie gilt als endgül­tig, sofern sie dreimal unmittelbar hintereinander ausgesprochen bzw. [heute auch via SMS] über­mit­telt wird, oder bei ein- oder zweimaliger Er­klärung als bedingte mit der Möglich­keit, nach einer genau vorge­schrie­benen Wartezeit, ‘idda, die Frau wieder zurückzunehmen (vgl. Sure 2, 228f). In der Zwischenzeit hat der Mann die Gelegenheit, es sich nochmals zu überlegen und die Noch-Gattin nur noch Anspruch auf Unterkunft und Verpflegung, außer im Fall, daß sie sich zuvor „unbotmäßig“ verhalten hätte (s. Sachau, §50, S.84). Die Maßnahme dient dazu, „das Freisein des Uterus festzustellen (istibrâ`)“, wie al-Ġazâlî nüchtern bemerkt. Wäre ein Kind unterwegs, sollte dieses nämlich auch dem Erzeuger zukommen. Kinder, die nicht mehr gesäugt werden müssen, insbesondere ältere Knaben (meist mehr als sieben Jahre alt), verbleiben nämlich beim Vater. Nur von einer Witwe wird erwartet, daß sie „in Zurückgezogenheit ihren Kindern lebt“, dafür kann sie aber auch die Kinder in ihrer Obhut behalten. Die Scheidung braucht nicht begründet zu werden. [Sogar der scherzhafte Ausspruch wird für gültig erachtet]. Als gute Grün­de gälten aber Ungehorsam gegen den Ehemann, ungehöriges Benehmen ge­genüber ihm oder seinen Verwandten, Vernachlässigung ehelicher oder religiöser Pflichten etc. Selbst wenn der Schwie­ger­vater nur eine Aversion gegen seine Schwiegertochter hegt, ohne daß diese sie irgendwie heraus­gefordert hätte, hat sich der Ehemann in Gehorsam seinem Vater gegenüber von ihr zu scheiden. So hatte einem Hadîṯ zufolge auch Muḥammad bzgl. einer Ehe­frau des o.e. ‘Umar entschieden. Zumin­dest solle man dann die Geschiedene durch ein kleines Ge­schenk versöhnlich stimmen gemäß der Sure: 33, 48: „Und entschädigt sie“.

Noch eine Bemerkung zur geforderten polygynen Gleichbehandlung der maximal vier Ehefrauen, die sich ja der Muslim ohne Zustimmung seiner bisherigen Gattin(en) auch neben der grundsätzlich unbegrenzten Anzahl von Sklavenkonkubinen zulegen kann. Diese erstreckt sich nämlich nur auf Unterhalt, Verpflegung etc. und nächtliches Zusammensein, welches die sexuelle Betätigung nicht (!) einzuschließen braucht. Diese sei vom Mann letztlich nicht abforderbar, noch weni­ger die Zuneigung, weshalb ja auch das absolute muslimische Vorbild Muḥammad die ‘Â`iša deut­lich seinen anderen Frauen vor­zog und letzteren deswegen Toleranz anbefahl. Nur in dieser Weise sei die Sure 4, 128 zu verstehen: „Ihr seid nicht imstande, Eure Frauen gleich zu behandeln, auch wenn Ihr den besten Willen habt.“ Eine monogame Beschränkung, wie heute oft fälschlich gefolgert, sei davon nicht ab­zu­leiten.

Wie schon Muḥammad selbst feststellte, ist die muslimische Art der Ehe bzgl. der Frau eindeutig als Variante der Sklaverei zu sehen. Auch wenn nach Machismo-Art Pflichten des einen zu Rechten des anderen und umgekehrt umdeklariert werden, ist letztlich die islamische Ehe ganz auf den Mann als vermeintlich höheres Wesen und seine Bedürfnisse zuge­schnit­ten, denen die Frau tunlichst zu entspre­chen hat. Noch einmal soll al-Ġazâlî das Wort haben: die Frau „soll stets ihren Mann im Sinn haben, mag er gegenwärtig oder abwesend sein, und in allen Dingen ihm Freude zu machen suchen“. „Der Mann soll bei ihr an erster Stelle ste­hen, dann erst soll sie selbst und ihre Verwandten kommen.“ (vgl.o. die Geschichte des ster­benden Vaters!). „Ferner darf sie ihren Mann in keiner Weise ärgern.“ Schließlich hängt von der Zufriedenheit des Ehemanns mit seiner Frau sogar ab, ob sie statt in die Hölle zu fahren, Zugang zum Paradies hat, und zwar ohne daß ihr dort ähnliche Freuden verheißen würden wie den Männern.

Unter diesen Umständen wird deutlich, daß echte Partnerschaft, die auf Gegenseitigkeit beruht, und Liebe nicht gedeihen kann, wenn auch Islamapologetinnen wie die US-Konvertitin Iman Daglas schreiben: „a Muslim woman … is truly a well-guarded treasure” (http://store.dar-us-salam.com/NW/190.html). Zwar findet sich „Liebe“, auch in zusammengesetzten Begriffen öfters in Übersetzungen, doch zeigt der hier hergestellte Zu­sammenhang, daß echte Liebe in den seltensten Fällen auch gemeint ist. Al-Ġazâlî erwähnt solche Fälle bestenfalls nur als zu belächelnde Schwä­chen einiger Männer, denn es wird sorgsam unter­schie­den zwischen der „aus dem Willen her­vorge­henden Liebe“ (al- ḥubb al iḫtiyârî), und der ech­ten, na­türlichen Liebe (al-ḥubb al-iḍṭiyârî). Unter ersterer wäre dann die „eheliche“ einzuordnen. Schließlich ist gemäß dem auf Umm Kulṯum zurückgehenden Ḥadîṯ, überliefert in den Sammlungen von Muslim wie Bu­ḫârî, in drei Fällen das Lügen erlaubt: im Krieg, wenn es um die Aussöhnung zweier Zerstrittener geht und wenn Eheleute zueinander sagen: „Ich liebe dich“.

Zum Schluß noch eine moderne fatwâ zum Thema: „Es ist nicht erlaubt, von Menschen gemachte Gesetze anzu­wenden, um einen Mann zu hindern, das zu tun, was Allâh ihm erlaubt hat.“ Wer es doch tue, „fällt vom Glau­ben ab.“ (aus dem Englischen nach maǧmûʽ al-fatâwâ wa rasâ`il von Mu­­ḥammad bin Ṣâliḥ al-ʽUṯaymîn, 6/161, vom 9.6.2010).

Nachwort:

Al-Ġazâlîs hier vorgestellte Ausführungen beschreiben das klassische Islamische Recht, nicht jenes, das aufgrund westlichen Einflusses entgegen ersterem in manchem islamischen Staat inzwischen installiert wurde und jetzt wieder im Zuge des „arabischen Frühlings“ in Gefahr ist, nach Muslimbruder-Vorstellung „reformiert“, d.h. wieder mög­lichst ganz nach der šarîʽa ausgerichtet zu werden.

Es konnte hier nicht auf verschiedene Einzelheiten eingegangen werden, auch wurden die Vorschriften hinsichtlich des ehelichen Verkehrs beiseite gelassen.

Literatur, auch zur Vertiefung für Interessierte:

Sachau, Eduard: Muhammedanisches Recht nach Schafiitischer Lehre, Stuttgart/Berlin 1897.

Juynboll, Theodor Willem: Handbuch des Islâmischen Gesetzes, Leiden/Leipzig 1910.

Tilman Nagel: Mohammed – Leben und Legende, München 2008.

Prof. Hans Bauer hat 1916 – sozusagen in den Schützengräben des I. Weltkrieges – angefangen, einen kleinen Teil – ca. ein Zehntel – von al-Ġazâlîs Werk iḥyâ`‘ulûm ad-dîn zu übersetzen, darunter das kitâb adabi an–nikâḥ. Ein Neudruck davon ist 2000 erschienen. Die von al-Ġazâlî nicht eigens ge­wis­sen Sammlungen zuge­ordneten Ḥadîṯe, er entnahm sie dem Werk „Qût al-qulûb/Herzensnahrung“ des bekannten Mystikers Abû Ṭâlib al-Mekkî († 996), wurden später vom be­kannten Ḥadîṯ-Gelehrten al-Ḥâfiẓ al-ʽIrâqî (†1404) im ein­zelnen als „ṣaḥîḥ“, also glaub­würdig nach­gewiesen, es genügt demnach, sich auf al-Ġazâlî zu be­ziehen.

Anmerkung: mehr zu den Themen Verhütung, Schwangerschaftsabbruch und Abort im Islam ist hier zu erfahren.