Nicht gerade für großartige Schlagzeilen sorgte bislang der Besuch des russischen Staatschefs Putin bei Papst Franziskus am Montag, 25.11.2013. Für zunehmende Kritik sorgt dagegen die immer größer werdende Flüchlingswelle, die besonders auch nach Deutschland hereinschwappt. Zu den in Syrien zur Flucht Gezwungenen gehören auch die dort heimischen Christen. Viel lieber würden die meisten von ihnen zuhause bleiben (können) und wollen aus den Lagern jenseits der Grenze (vgl. https://mephistohinterfragt.wordpress.com/syrien-was-die-meisten-medien-nicht-bringen/) auch bald möglichst wieder zurück. Doch statt dafür zu sorgen, daß diese Menschen in Ruhe und Frieden daheim bleiben können, sorgen die USA wie die EU dafür, daß sich die Rebel- lenfront gegen die säkulare Regierung weiterhin ihrer Unterstützung sicher sein kann. Darüber sind die Christen im Land schockiert und empört. Das sagt kein geringerer als Gregorios III. Laḥâm, seines Zeichens höchster katholischer Würdenträger der Region, Patriarch für den Nahen und Mittleren Osten und damit Oberhaupt der mit der römisch-katholischen Kirche unierten griechisch-katholischen Kirche.

Schon einige Male hatte der Patriarch über die – mit der Darstellung der Mainstreammedien aufs äußerste kontrastierenden – Situation in Syrien auf katholischen Webseiten berichtet (Seine Seeligkeit spricht schließlich Deutsch (!) und kann neben Altgriechisch und Latein auch in Italienisch, Englisch, Französisch und, natürlich, in seiner Mutter- sprache Arabisch parlieren). So übte er zusammen mit anderen kirch- lichen Würdenträgern bereits im Juni 2011 scharfe Kritik an der inobjektiven und unehrlichen internationalen Berichterstattung über die Unruhen im Land (kath.web vom 21.6.2011). Was in Syrien geschehe, sei „keine echte Revolution“. Derzeit werde versucht, “einen Krieg zwischen den Religionsgemeinschaften zu provo- zieren”, diesem müsse unbe­dingt widersprochen werden. Zudem bekundeten die Herren ihre Unterstützung für den Staatspräsiden- ten al-Assad (loc. cit., Hervorhebung blogseits). Dessen Ba‘ṯ-Partei ist rein säkular ausgerichtet und kennt keine Staatsreligion (also auch keine islamische!), was bisher den Kirchen sehr zugute kam.

Dazu erläutert der Kirchenhistori­ker und Ostkirchenex­perte Prof. Dietmar Winkler in einem “Kathpress”-Gespräch: „Auch wenn es sich in Syrien nach westlichen Maßstäben um eine Diktatur handle, gehe es den Christen im Vergleich zu anderen Staaten im Nahen Osten nicht schlecht. Jeder Umsturz könne nur zu einer Verschlechterung führen. Sunniten wie auch Schiiten hätten kein Staatsmodell, in dem es wirk- liche Religionsfreiheit gibt. Christen wür­den wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden.“

In einem Interview für die Würzburger Tagespostbeklagte Gregor III. Laḥâm im Juli 2012 die ausländische Einmi­schung in seinem Heimatland: Hände weg von Syrien, dann sind wir gerettet”. Europa trage eine Mitschuld an dem Blut, das jetzt in Syrien fließe. „Unsere Christen werden getötet durch das Chaos.“ Er könne mit Sicherheit sagen, daß die Christen, die getötet wurden,“nicht von einheimischen, sondern von aus­ländischen Muslimen umgebracht wurden”, beteuerte er und versicherte aus seiner Sicht: „Frem­de Kräfte schüren den Hass.” Zudem finde die EU keinerlei Anerkennung für die neue syrische Verfassung, „die ein Schritt vorwärts ist. … . Warum nur ein blindes Ja für die Opposition?“ empörte sich (s. http://www.kath.net/news/37365).

Im jetzigen Dezemberheft der Zeitschrift „Zuerst“ (S.38ff) gab der ober- ste syrische katholische Würdenträger wieder ein Interview. Nach Schilderung der derzeitigen schlimmen Lebensverhältnisse im Land – allein in Damaskus hätten bislang 2.800 Granaten einge- schlagen, die Bombenexplosionen erst gar nicht mitgezählt, u.a. traf am 6. November eine Granate die immer noch besetzte päpstliche Nuntiatur, Entführungen selbst einfacher Bürger, Zwangsislamisierung wie zuletzt im Wallfahrtsort Ma‘lûla, Kirchenzerstörungen etc. – kam er erneut auf die internationale Lage zu sprechen. Obwohl „die Brutalität der Banditen … oftmals grenzenlos“ sei und sich die Kirche um Hilfe für die Menschen bemühe, einerlei ob Christ oder Muslim (S.39), gehe die Unterstützung der EU wie der USA für die „Rebellen“ weiter.  Bezüglich der  momentan ca. 2000 (!) gegen die Regierung kämpfen- den Gruppen stellte er fest: „Diese Milizen sind unkontrollierbar, sie töten Zivilisten und zerstören Häuser. Ich frage mich, wie kann man auf der Seite dieser Leute stehen? Ich verstehe sehr wohl, daß man eine politische Opposition unterstützt, aber nicht Banditen und Terro- risten. Diese Unterstützung ist unverständlich und kriminell. … . Eine politische Opposition ist etwas völlig anderes als diese kriminellen Banden. Die europäischen Staaten wollen die syrische Regierung und den Präsidenten Baschar al-Assad beseitigen. Man könnte meinen, es gehe nur um eine einzige Person. Aber das ist doch alles andere als logisch. Anstatt positiv und konstruktiv zu wirken und zu helfen, sponsern die EU-Staaten einfach die Zerstörung Syriens. Wo ist denn bitte die Alternative zur derzeitigen Regierung in Damaskus? Wer soll sie ersetzen? Wo ist die Opposition? … . In diesem Krieg gibt es keine politische Opposition, es gibt nur Chaos und Gewalt.“(S.39f, Hvhg. blogseits).

Gefragt, was er sich zum nahen Weihnachtsfest wünsche, ant- wortete Gregorios III., daß sich die beteiligten Staaten bemühten, möglichst bald eine friedliche Lösung für Syrien zu finden. Hierzu hat bemerkenswerterweise Präsident Putin mit seinen Bemühungen um Genf-II (vgl. die Einträge bei https://mephistohinterfragt.wordpress.com/syrien-was-die-meisten-medien-nicht-bringen/) schon wichtige Voraus- setzungen geschaffen. Auch bei der Papstaudienz am Montag im Vatikan sollten weitere gemeinsame Schritte zum Schutz der syrischen Christen im Land erläutert werden.

Den Menschen im Nahen Osten wäre ein friedliches Weihnachtsfest sehr zu wünschen.